| 
								 
								
								Wenn man sich die Spielpläne der Opernhäuser in Nordrhein-Westfalen anschaut, ist man 
								erstaunt über soviel Kleinmütigkeit bei der Programmgestaltung. Oft sind 
								es die kleineren Häuser, die es schaffen (mit Hilfe verschiedener 
								Fonds-Unterstützer), neue Kompositionen für das Musiktheater in ihr 
								Programm aufzunehmen. Es kann also nicht dem Publikum geschuldet 
								sein, von dem man behauptet, es sei in Großstädten aufgeschlossener 
								als in der Provinz. Das Land NRW, mit der größten Konzentration 
								an Opernhäusern und Kultur weltweit, scheint ein Spiegel für das 
								ganze Bundesland zu sein, denn leider ist man in anderen 
								Städten nicht viel mutiger!
								 
								Und was bieten unsere Häuser dem Kinderpublikum an, welche 
								Werke stehen auf dem Spielplan der Kinder- bzw. Jugendopern? Märchen, Märchen 
								und nochmal Märchen, Geschichten von Prinzen, Zauber-Spuck und -Flöten, alles 
								sehr beliebt und kindgerecht. Wo sind aber die Geschichten von heute, wo 
								sind die Themen, mit denen unsere Jugend tagtäglich konfrontiert 
								werden, Themen des 21. Jahrhundert? Henzes Gisela ist hier eine 
								rühmliche Ausnahme, seine Sensibilität und sein Engagement für 
								unsere Zeit waren beispielshaft.
								 
								Leider sind die „modernen” Vertonungen dieser Bildergeschichten bis 
								auf wenige Ausnahmen auch nicht sehr wagemutig, geprägt von der 
								Tonsprache des 19. Jahrhunderts bis zur gefälligen Banalität. Wo 
								findet man die spannende Auseinandersetzung mit der neuen Musik? Wo 
								die Suche nach neuen Stimmungen, nach einer originellen dramatischen 
								Tonsprache? Dass die Jugend offene Ohren hat, ist eine allgemein 
								bekannte und gelobte Tatsache und ist bei den vielen Konzerten im 
								Rahmen bekannter Reihen und Festivals zu erleben. Warum dann so 
								wenig Neugier bei den Entscheidungen seitens der Opernleitungen? Ein 
								Quäntchen des Mutes, den Schauspielintendanten beweisen, könnte hilfreich 
								sein. Noch weniger zu verstehen ist es bei Häusern, die ein Opernstudio 
								führen. Sind junge Sänger und Sängerinnen mit ihrem Charme und ihrem 
								Können nicht die besten „Botschafter” auf diesen neuen Wegen?
								
  
								Camille van Lunen 
								Sopranistin und Komponistin
								
								 
							 |